Überflutungen in Polen (Bild: via orf.at/zVg)

Die Hochwassersituation in Mitteleuropa verschärft sich dramatisch. Ein Staudamm im Süden Polens ist gebrochen, und in Tschechien laufen umfangreiche Evakuierungen. In Österreich steigt der Pegel eines Stausees gefährlich an, und die Behörden befürchten, dass der See bald überläuft. Mehrere Länder kämpfen gegen die schwersten Überschwemmungen seit Jahrzehnten, die durch das Sturmtief „Boris“ ausgelöst wurden. Die Lage ist kritisch, mit bereits gemeldeten Todesopfern und vermissten Personen.

Polen: Staudammbruch verursacht massive Flutwelle

Im südwestlichen Polen, in der Region Stronie Śląskie, brach ein Staudamm, der das Wasser des Flusses Biała Lądecka zurückhielt. Das Wasser strömte ungehindert in die Glatzer Neisse, was eine massive Flutwelle verursachte. Besonders betroffen sind die umliegenden Städte und Dörfer. Die polnische Armee und der Heimatschutz wurden mobilisiert, um eingeklemmte und vom Wasser eingeschlossene Menschen zu retten.

Erstes Todesopfer und Evakuierungen

Polens Premierminister Donald Tusk bestätigte das erste Todesopfer der Überschwemmungen. Ein Mann in der Region Krosnowice ertrank in den Fluten. Die örtliche Polizei konnte die Leiche des Mannes aufgrund der massiven Überflutungen nicht bergen. Die Behörden haben in den am stärksten betroffenen Gebieten Evakuierungen angeordnet, besonders in den Flusstälern, die jetzt als lebensgefährlich gelten. Der Wasserspiegel der Glatzer Neisse, einem Nebenfluss der Oder, hat ein historisches Hoch erreicht: Statt der üblichen ein Meter Pegelhöhe beträgt der Wasserstand nun 6,65 Meter.

Probleme mit Stromversorgung und Trinkwasser

In einigen überfluteten Gebieten Polens gibt es zudem Schwierigkeiten mit der Stromversorgung und dem Mobilfunknetz. Besonders in der Stadt Kłodzko warnt die Wasserbehörde, dass das Trinkwasser durch die Überschwemmungen verunreinigt ist und vor Gebrauch abgekocht werden muss. Die Situation wird als die schwerste Flutkatastrophe seit dem sogenannten Jahrtausendhochwasser von 1997 beschrieben.

Österreich: Stausee Ottenstein steht kurz vor dem Überlaufen

In Österreich haben die andauernden Regenfälle die Flüsse an vielen Orten über die Ufer treten lassen, besonders in Niederösterreich und der Region Wien. Das gesamte Bundesland Niederösterreich wurde zum Katastrophengebiet erklärt. Besonders bedrohlich ist die Lage am Stausee Ottenstein, wo der Wasserpegel aufgrund des Zuflusses des übervollen Flusses Kamp ständig steigt.

Kontrollierte Wasserabgabe am Stausee Ottenstein

Am Stausee Ottenstein wird bereits seit Tagen versucht, durch kontrollierte Wasserabgaben den Pegel zu regulieren. Trotz dieser Massnahmen strömen weiterhin etwa 340 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in den See, während nur etwa 120 Kubikmeter abgeleitet werden können. Der Energieversorger EVN teilte mit, dass es in ein bis zwei Stunden notwendig sein könnte, die Hochwasserklappen am Damm zu öffnen. Der Sprecher der EVN, Stefan Zach, erklärte, dass das Abfliessen des Wassers kontrolliert werde, um das Risiko für die tiefer gelegenen Dörfer entlang des Flusses Kamp zu minimieren.

Evakuierungen in Niederösterreich

Im Bundesland Niederösterreich mussten bereits 1.100 Häuser vorsorglich evakuiert werden. Besonders betroffen sind Ortschaften im Waldviertel und entlang des Flusses Kamp. Die Feuerwehr und das Bundesheer sind mit über 1.000 Einsatzkräften im Dauereinsatz. Der Bürgermeister von Gars am Kamp, einer der besonders betroffenen Ortschaften, warnte: „Die Situation ist dramatisch, und wir müssen uns auf eine weitere Verschärfung vorbereiten.“ In der kleinen Gemeinde mit rund 300 Einwohnern wurden 151 Menschen in Sicherheit gebracht.

Tschechien: Jahrhundertflut und Evakuierungen

Auch in Tschechien bleibt die Lage angespannt. Besonders der Nordosten des Landes, die Regionen Mährisch-Schlesien und Olmütz, sind schwer betroffen. Viele Flüsse, darunter die Opava, haben ihre Ufer bereits überschritten, und es wird mit einem weiteren Anstieg des Wasserpegels gerechnet. Tausende Menschen wurden in Sicherheit gebracht, und die Behörden rechnen mit einer noch schlimmeren Flut als 1997.

Menschen in Gefahr, Vermisste in den Fluten

In der tschechischen Stadt Opava wurden grosse Teile der Stadt evakuiert. Besonders betroffen ist die grösste Plattenbausiedlung der Stadt, die von den Fluten des gleichnamigen Flusses Opava bedroht wird. Mehrere Menschen gelten weiterhin als vermisst. In der Region Jeseník stürzte ein Auto in einen reissenden Fluss, wobei drei Insassen von den Fluten mitgerissen wurden. Nur einer der Insassen konnte sich ans Ufer retten.

Deutschland: Pegel der Elbe steigen

Auch in Deutschland wird die Lage zunehmend bedrohlich. In Dresden sollen mobile Hochwasserschutzwände aufgebaut werden, um das Überschwappen der Elbe in die Altstadt zu verhindern. Der Pegel der Elbe steigt rasant und soll in den kommenden Tagen die Alarmstufe 4 erreichen. Besonders betroffen ist auch die Region Schöna an der Grenze zu Tschechien.

Fazit: Lage bleibt kritisch

Die Hochwasserkatastrophe in Mitteleuropa zeigt keine Anzeichen einer Entspannung. Die anhaltenden Regenfälle und die steigenden Pegel der Flüsse bereiten den Einsatzkräften grosse Sorgen. Besonders in Polen und Österreich spitzt sich die Situation weiter zu, und die Behörden arbeiten rund um die Uhr, um die schlimmsten Folgen abzuwenden. Die kommenden Stunden werden in vielen Regionen entscheidend sein.