Tornados gehören zu den gefährlichsten Wetterphänomenen auf der Erde. Sie treten in vielen Formen auf, von Wasserhosen bis hin zu gewaltigen Superzellen-Tornados, und können extreme Zerstörungen verursachen. In diesem Artikel erfährst Du, wie Tornados entstehen, welche Arten es gibt, wie sie klassifiziert werden und was die typischen Vorzeichen sind.

Wie entstehen Tornados?

Ein Tornado ist ein extrem starker, rotierender Luftwirbel, der von der Basis einer Gewitterwolke bis zum Boden reicht. Er entsteht durch komplexe Wechselwirkungen zwischen Aufwinden, Windscherung (Änderung der Windrichtung und -geschwindigkeit mit der Höhe) und Feuchtigkeit in der Atmosphäre. Die grundlegenden Schritte zur Tornadobildung sind:

  1. Starke Aufwinde in einer Gewitterwolke:
    Die Basis für Tornados sind meist starke Gewitter mit sehr intensiven Aufwinden. Diese Aufwinde führen dazu, dass die feuchte, warme Luft in grossen Höhen abkühlt und kondensiert.
  2. Windscherung:
    Wenn die Windgeschwindigkeit oder -richtung mit der Höhe stark variiert, kann es zur Bildung einer Horizontalrotation kommen. Diese Rotation wird durch die starken Aufwinde in eine vertikale Achse gekippt.
  3. Rotierende Aufwinde:
    Sobald diese vertikale Rotation innerhalb der Wolke stark genug wird, kann sie den gesamten Luftzylinder in der Wolke erfassen und einen rotierenden Aufwindkanal, die sogenannte Mesozyklone, bilden. Die Mesozyklone ist das typische Merkmal eines Superzellengewitters.
  4. Tornadogenese:
    Der Tornado selbst entsteht, wenn sich diese Rotation weiter verstärkt und sich bis zur Wolkenbasis ausdehnt. Trifft der rotierende Luftwirbel dann auf den Boden, entsteht ein Tornado.

Arten von Tornados

Tornados werden oft nach ihrer Entstehungsweise und Erscheinungsform kategorisiert. Hier die wichtigsten Tornadoarten:

  • Superzellen-Tornado:
    Die stärksten und zerstörerischsten Tornados entstehen aus Superzellen-Gewittern. Diese Systeme haben eine ausgeprägte Mesozyklone, die die Grundlage für grosse und langlebige Tornados bildet.
  • Landspouts:
    Kleine, oft schwächere Tornados, die aus nicht-superzelligen Gewittern entstehen. Sie haben keine Mesozyklone und ähneln eher Staubteufeln, sind jedoch bei Kontakt mit der Wolkenbasis ebenfalls echte Tornados.
  • Wasserhosen:
    Diese Tornados entstehen über Wasser und werden oft als „Tornados über Wasser“ bezeichnet. Sie bilden sich in feuchter, instabiler Luft und sind besonders in tropischen Regionen häufig.
  • Gustnado:
    Ein kurzlebiger Tornado, der entlang einer Böenwalze auftritt. Gustnados haben in der Regel eine sehr kurze Lebensdauer und sind weniger intensiv.

Hier wein wichtiger Hinweis von mir an alle Medien: Es gibt keine sogenannten „Mini-Tornados“. Ein Tornado ist und bleibt ein Tornado, egal wie gross, klein, langlebig oder zerstörerisch er ist.

Die Folgende Fotos sind Eigentum von Dominic Kurz / The Stormchaser:

Die Fujita-Skala: Klassifizierung von Tornados

Tornados werden nach der Fujita-Skala (F- oder EF-Skala) klassifiziert, die ihre Stärke anhand der verursachten Schäden misst. Die Einteilung erfolgt in sechs Kategorien:

  • EF0 (65–85 mph/105–137 km/h): Leichte Schäden an Dächern und Bäumen.
  • EF1 (86–110 mph/138–177 km/h): Mässige Schäden, entwurzelte Bäume, leichte Gebäudeschäden.
  • EF2 (111–135 mph/178–217 km/h): Schwere Schäden, Dächer abgedeckt, Autos umgeworfen.
  • EF3 (136–165 mph/218–266 km/h): Schwere strukturelle Schäden, grosse Gebäude zerstört.
  • EF4 (166–200 mph/267–322 km/h): Extreme Schäden, ganze Häuser werden zerstört.
  • EF5 (>200 mph/322 km/h): Totale Zerstörung, nur die Fundamente der Häuser bleiben übrig.

Die Fujita-Skala ist wichtig, um das Potenzial eines Tornados einzuschätzen und entsprechende Warnungen herauszugeben.

Die T-Skala für Tornados in Europa

Die T-Skala (Tornado-Skala) ist eine Klassifizierungsskala für Tornados, die speziell in Europa verwendet wird. Sie ist vergleichbar mit der Fujita-Skala (F-Skala), berücksichtigt jedoch besser die Schadensprofile und die typischen Tornadostärken in Europa. Die T-Skala reicht von T0 (schwacher Tornado) bis T10 (extrem zerstörerischer Tornado).

T-SkalaWindgeschwindigkeit (km/h)Schadenstyp
T063–116Sehr leichte Schäden, Zweige brechen, kleinere Dächer beschädigt
T1117–180Mässige Schäden, Bäume entwurzelt, Dächer teilweise abgedeckt
T2181–252Dachkonstruktionen zerstört, Autos umgeworfen
T3253–332Häuserwände beschädigt, grosse Bäume entwurzelt
T4333–418Schwere Schäden, ganze Gebäude stark beschädigt oder zerstört
T5419–512Häuser total zerstört, massive Zerstörungen
T6513–612Massive strukturelle Schäden, Brücken und grössere Gebäude beschädigt
T7613–726Totale Verwüstung, Stahlkonstruktionen stark beschädigt
T8727–857Extreme Schäden, nur noch Fundamente bleiben stehen
T9858–1004Totaler Kollaps aller Bauwerke, völlige Verwüstung
T10> 1004Unvorstellbare Schäden, fast völlige Vernichtung aller Gebäude und Vegetation

Die T-Skala wird häufig bei Tornadoereignissen in Europa verwendet, um die Stärke und die erwarteten Schäden anhand der Windgeschwindigkeit und der Zerstörungskraft besser einschätzen zu können.

Typische Vorzeichen eines Tornados

Es gibt einige deutliche Anzeichen dafür, dass ein Tornado entstehen könnte:

  • Wallclouds:
    Eine tiefhängende Wolke unterhalb der Gewitterwolkenbasis, die oft mit Rotation verbunden ist.
  • Grüner oder gelber Himmel:
    Ungewöhnliche Lichtverhältnisse können auf extreme Niederschläge oder Hagel hinweisen, was oft Vorboten eines Tornados sind. (Ist nicht in jedem Fall so!)
  • Lautes, brummendes Geräusch:
    Ein Tornado wird oft mit dem Geräusch eines herannahenden Zuges verglichen.
  • Trichterwolke:
    Eine sichtbare, rotierende Wolkensäule, die sich von der Wolkenbasis in Richtung Boden erstreckt. Trifft sie auf den Boden, wird sie als Tornado bezeichnet.

Wie erkennt man Tornados auf Wetterradaren?

Tornados können auf Wetterradaren anhand bestimmter Merkmale erkannt werden. Das wichtigste Werkzeug dabei ist der Doppler-Radar, der nicht nur Niederschlag, sondern auch die Windgeschwindigkeit und -richtung innerhalb einer Gewitterzelle misst. Hier sind die Hauptindikatoren, auf die man bei der Tornadoerkennung auf Radarbildern achten sollte:

  • Hook Echo:
    Ein „Hakenecho“ (Hook Echo) ist ein charakteristisches Radarsignal, das wie ein gebogener Haken aussieht und sich an der Rückseite einer rotierenden Superzelle bildet. Es zeigt an, dass sich die Luft spiralförmig um den Aufwindbereich bewegt, was auf eine Mesozyklone oder Tornadoentstehung hinweist.
  • Velocity Couplets:
    Diese treten auf, wenn entgegengesetzte Windrichtungen sehr nah beieinander liegen. Auf dem Doppler-Radar erscheinen sie als Paar aus grünen (zum Radar hin) und roten (vom Radar weg) Bereichen. Diese starken Windscherungen sind ein klares Zeichen für eine Rotation in der Gewitterzelle.
  • Debris Ball:
    Wenn der Tornado bereits den Boden erreicht hat und Trümmer aufwirbelt, kann ein sogenannter „Debris Ball“ (Trümmerball) auf dem Radarbild sichtbar werden. Er erscheint als kleiner, intensiver Bereich innerhalb des Hakenechos und deutet darauf hin, dass der Tornado bereits erhebliche Schäden verursacht.
  • Tornadic Vortex Signature (TVS):
    Ein TVS ist eine kleine, starke Rotation, die im Doppler-Radarbild als sehr enge, entgegengesetzte Geschwindigkeiten erkennbar ist. Diese Signatur zeigt eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für einen sich bildenden Tornado an.

Die Kombination dieser Merkmale wird von Meteorologen verwendet, um Tornadowarnungen auszugeben, bevor der Tornado tatsächlich am Boden sichtbar ist. Besonders das Hook Echo und die Velocity Couplets gelten als frühe Indikatoren für die Entstehung eines Tornados.

Wo treten Tornados auf?

Tornados sind weltweit anzutreffen, kommen jedoch in manchen Regionen besonders häufig vor:

  • USA:
    Die meisten und stärksten Tornados treten in den zentralen Bundesstaaten, der sogenannten Tornado Alley*, auf.
  • Europa:
    Tornados kommen auch in Europa vor, wenn auch seltener und oft weniger stark. Besonders Deutschland, Polen und Tschechien sind häufiger betroffen.
  • Schweiz:
    Auch in der Schweiz treten immer wieder Tornados und Wasserhosen auf, vor allem im Sommer bei heftigen Gewittern. Eine besondere Tornadohäufung wird in den Mittellandregionen beobachtet, wo Gewitterfronten auf Gebirgsbarrieren treffen.

* Tornado Alley ist die bekannteste Region in den USA, in der Tornados besonders häufig und heftig auftreten. Sie erstreckt sich von Texas im Süden bis nach Nebraska im Norden und umfasst Teile von Oklahoma und Kansas. Diese Region ist durch eine besondere Kombination von geografischen und meteorologischen Faktoren geprägt, die die Entstehung von starken Gewittern und Tornados begünstigen. Auch angrenzende Staaten wie South Dakota, Iowa, Missouri, Indiana, Ohio, und in manchen Fällen Minnesota und Louisiana werden oft zur erweiterten Tornado Alley gezählt

Gefahren und Auswirkungen von Tornados

Tornados sind für ihre zerstörerische Kraft bekannt und verursachen folgende Schäden:

  • Zerstörung von Gebäuden:
    Starke Tornados können ganze Häuser zerstören, Autos umherwirbeln und massive Waldschäden verursachen.
  • Gefährliche Flugobjekte:
    Trümmer und Schutt werden mit enormer Geschwindigkeit umhergeschleudert, was Menschen, Tiere und Infrastrukturen gefährdet.
  • Sekundärschäden:
    Tornados lösen oft Brände aus, indem Gasleitungen zerstört oder elektrische Leitungen gekappt werden.

Die folgenden Fotos zeigen die Schäden nach einem F2 Tornado in Paderborn. Ich war selbst live dabei als sich der Tornado bildete und Paderborn „verwüstete“. Es ging mir durch Mark und Bein, denn es ist etwas anderes direkt vor Ort zu sein als dies nur in den Medien zu sehen. Fun Fact: Der Tornado ist knapp an mir vorbei gezogen, hätte also auch mich erwischen können.

Wichtige Tornadofakten und Rekorde

  • Der längste Tornado der Geschichte:
    Der Tri-State-Tornado von 1925 hielt sich über 3,5 Stunden am Boden und zog über eine Strecke von 352 km durch die USA.
  • Die meisten Tornados pro Jahr:
    Die USA verzeichnen jährlich durchschnittlich etwa 1.200 Tornados, mehr als jedes andere Land.
  • Die grösste je gemessene Breite eines Tornados:
    Der El Reno-Tornado von 2013 war 4,2 Kilometer breit und ist damit der breiteste jemals dokumentierte Tornado.

Tornadovergleich USA vs. Europa 2024

RegionAnzahl TornadosStärkste TornadosGesamtschäden (geschätzt)TodesopferVerletzteBesondere Ereignisse
USA1.473EF4 (max. 270 km/h)1,5 Milliarden USD46150+Mehrere grosse Tornadoserien im Mai in Texas, Oklahoma, Illinois und Arkansas.
Europa814T4 (max. 418 km/h)150 Millionen EUR125+Starker Tornado in Tschechien (Juni 2024) und eine Wasserhose am Bodensee (Schweiz, September 2024).

Detailübersicht USA 2024:

  • Die USA verzeichneten insgesamt 1.473 Tornados, darunter 4 starke EF4-Tornados. Die Mehrheit der Tornados war in der Kategorie EF0-EF2 angesiedelt.
  • Besonders intensive Tornados ereigneten sich in Arkansas, Illinois und Texas im Mai und führten zu massiven Zerstörungen.
  • Der grösste Schaden entstand durch einen EF4-Tornado in Illinois, der eine Kleinstadt schwer traf und mehrere Millionen USD an Schäden verursachte​.

Detailübersicht Europa 2024:

  • In Europa wurden 814 Tornados bestätigt, die häufigsten in Deutschland, Polen, Tschechien und Frankreich.
  • Der schwerste Tornado war ein T4-Tornado in Tschechien, der erhebliche strukturelle Schäden verursachte.
  • Ein ungewöhnliches Ereignis war eine Wasserhose am Bodensee, die sich zu einem T1-Tornado entwickelte und das Ufer traf.
  • Die meisten Tornados in Europa bleiben schwächer (T0 bis T2), sind aber in den letzten Jahren häufiger geworden.

Fazit:

Obwohl die USA eine grössere Anzahl an Tornados verzeichnet und die stärkeren Tornados in der Regel dort auftreten, zeigt sich, dass Europa ebenfalls zunehmend von Tornados betroffen ist. Im Vergleich dazu gibt es in Europa häufiger schwächere Tornados, aber auch in Ländern, die sonst weniger betroffen sind, wie der Schweiz oder Belgien.

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